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Skeptisch blickt Sebastiano Ferrante von PGIM Real Estate auf den (deutschen) Immobilienmarkt. Der Manager, der ab Oktober neuer Europa-Chef des Immobilienarms von PGIM sein wird, glaubt nicht an eine Wende auf dem stillstehenden Transaktionsmarkt im nächsten Jahr. Und die Lage der Bauwirtschaft bereite ihm Sorge. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die die Branche in Deutschland prägten, und die keinen Liquiditätspuffer bilden könnten, stünden nicht nur durch die aktuelle Lage enorm unter Druck.
Viele Unternehmer fänden keinen Nachfolger, vom Fachkräftemangel zu schweigen. Statt mit dem Privatvermögen zu haften oder den eigenen Immobilienbesitz zu belasten, um die Firma noch über die Runden zu bringen, gäben viele einfach auf. Die Bedeutung der Chemieindustrie sei allen klar, aber die kleinteilige Bauwirtschaft werde wohl nicht ausreichend gehört. "Was da wegbricht, das kommt so schnell nicht wieder", sagte Ferrante am Montag im Frankfurter Omniturm, wo PGIM eine Niederlassung betreibt.
"Überallokation in Immobilien"
Auf den Immobilienmärkten herrscht derzeit eine Liquiditätskrise, ist Ferrante überzeugt. "Es wird Liquidität abgezogen." Ursache dafür ist die Zinswende mit mehrfachen Leitzinserhöhungen der Notenbanken, vor allem der rasche Anstieg der Kreditzinsen. Dabei findet aus Ferrantes Sicht nur eine Normalisierung statt. Die Ausnahmesituation habe eher in den letzten Jahren bestanden. "Historisch gab es 150 bis 200 bps Risikoaufschlag, in der Niedrigzinsphase waren es 350 bps." Das führte zu einer "Überallokation in Immobilien", Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds hätten ihre Immobilienexposition bis ans erlaubte Limit ausgebaut. Und diese wird nun wohl wieder abgebaut.
Das Problem: Der Core-Markt schrumpft, es gibt weniger Exit-Möglichkeit. Hinzu kommt: Zeitgleich mit dem Abzug des Eigenkapitals, reduzierte sich auch das Fremdkapital. Denn: "Die Banken sind mit Ihren Finanzierungen regulatorisch bis ans Limit gegangen." Aber erklären die Institute nicht grundsätzlich, sie seien offen für Neugeschäft? Ist das also die diplomatische Umschreibung dafür, dass sie nicht offen sind? Den Banken seien die Hände gebunden, so Ferrante, "und der Immobilienmarkt versteht das erst jetzt", beobachtet er.
Keine bald vorübergehende Phase
Projektentwickler hätten sich bei PGIM nach Finanzierungslösungen erkundigt, wenn man ihnen dann konkrete Angebote mache und sage, was es koste, schreckten viele zurück und wendeten sich an ihre Hausbank. "Aber da geht es nicht um das vertrauensvolle Verhältnis zur Hausbank, das sich über Jahre aufgebaut hat, was ja schön und gut ist", so Ferrante. Das Problem sei, dass ein Limit erreicht sei.
"Im Immobilienmarkt kommt das jetzt allmählich an, viele Akteure haben lange noch geglaubt, dass es sich um eine vorübergehende Phase handelt, sieben Monate, dann ist das vorbei." Die Zinsen würden hoch bleiben, selbst wenn die EZB keine nennenswerten Anhebungen mehr vornehme, einen nennenswerten Rückgang hält Ferrante für ausgeschlossen.
Die Jüngsten Aktivitäten von PGIM entfielen zu 25 % auf Equity und zu 75 % auf Debt, in Deutschland war allerdings nichts darunter. Auch aktuell wollte Ferrante keine konkreten Käufe avisieren. "Der deutsche Markt ist nach wie vor zu teuer, die Preise müssen sinken." Hierzulande gehe es langsamer mit der Neubewertung, anders als etwa in UK oder in den Niederlanden.
"Es gibt keinen Markt, sonst gäbe es Leute, die das kaufen"
"Deutschland hinkt unglaublich hinterher", so Ferrante. Auf dem vergleichbaren niederländischen Immobilienmarkt seien die Preise schon stark gefallen. "Wir werden in Deutschland noch weitere Wertkorrekturen sehen", sagte Ferrante. "Das ist noch nicht vorbei." Klare Werte seien schwierig zu prognostizieren, aber 20 bis 30 % Korrekturbedarf sieht er schon, wenn auch nicht mehr von jetzt aus betrachtet, denn ein guter Teil des Preisrückgangs sei ja schon erfolgt. Aber weitere 10 % sind wohl erforderlich.
Bisher gebe es nur strukturierte Deals, Transaktionen, die ein Finanzierungselement enthielten. Die Rendite hier spiegele nicht den Markt wider. "Es gibt keinen Markt, sonst gäbe es Leute, die das kaufen", so Ferrante.
Renditen von 3 %, wenn auf den Fremdkapitalanteil 5 % zu zahlen sind, seien nicht dauerhaft möglich. "Selbst wenn das in Richtung 4 % geht, was vernünftig ist, aber immer noch ein negativer Leverage. An so stark steigende Mieten glaube ich nicht, weder bei Office noch im Wohnbereich, dort kommt noch die Regulierung hinzu."
Wirtschaftsschwächere Länder in Süd- und Osteuropa würden dies zu spüren bekommen, wenn knappe Mittel sich auf die größten Märkte konzentrierten. Außerdem generell die Assetklassen Büro und Shopping-Center. Hier sieht Ferrante weiterhin Druck durch den Trend zum mobilen Arbeiten und zum Online-Shopping. Investoren würden sehr genau hinsehen, "überall wo die Entwicklung unsicher ist, werden wir mehr Illiquidität sehen".
Mikrowohnen mit eigener Plattform
In Deutschland findet er Mikrowohnen spannend, temporäre Wohnformen, Business- Apartments, Co-Living. "Das ist ein Zukunftssegment", so Ferrante, in das PGIM mit eigener Plattform investieren wolle, sowohl in Bestandsobjekte als auch in Entwicklungen. "Da müssen Sie die gesamte Kette abbilden, bis zum eigenen Betreiber", findet er, und hat dabei nicht nur Studenten, Azubis oder Geschäftsreisende als Zielgruppe im Sinn.
"Senioren werden das ebenfalls brauchen, das sieht man in UK schon ganz gut, wo die Entwicklung weiter fortgeschritten ist." 20 bis 25 m2 Wohnfläche in Städten für 40 bis 50 Euro den Quadratmeter sind nun mal bezahlbarer als Drei-Zimmer-Wohnungen mit 70 m2 a 20 Euro. Und für Investoren, die sich im herkömmlichen Mietmarkt mit 15 bis 20 Euro/m2 begnügen müssen, winken entsprechend höhere Renditen. Dann sind auch Konversionen von Büroflächen interessant, die für Standardwohnungen, wenn auch von der Politik gerne gefordert, zu teuer sind.
Die Plattform soll in den nächsten drei bis fünf Jahren aufgelegt werden, als Zielmärkte sieht PGIM die acht bis zehn größten deutschen Städte. Zum Investitionsvolumen wird aktuell noch keine Zahl genannt.
Auch Datencenter sind ein strategischer Schwerpunkt im Hause PGIM Real Estate. Außerdem rechnen sich weiterhin Logistik-Entwicklungen, auch weil die Preisanpassung hier schon recht weit gediehen ist. "Der Markt hat sich schnell angepasst." Bestandssanierungen hier seien noch schwierig, weil aufwendig.
Und auch Office Concessions, die Sanierung energetisch minderwertiger Objekte hin zu grünen Immobilien, findet Ferrante noch nicht rentabel genug. Es gibt Anbieter, die hier schon aktiver sind, "aber wir haben eine höhere Risikoprämie", so Ferrante.
PGIM bündelt alternative Aktivitäten
PGIM, der Asset-Manager des Finanzkonzerns Prudential Financial, hat derweil sein 1,27 Billionen US-Dollar schweres Geschäft neu strukturiert. Unter dem neu geschaffenen Dach von PGIM Private Alternatives wurden sämtliche Aktivitäten der Sparte zusammengeführt, darunter neben dem Immobilienbusiness - inklusive Finanzierungslösungen - auch die Segmente für private Kreditvergabe, Private Equity, Infrastruktur und Agrarflächen. PGIM Private Alternatives bringt aktuell 310,9 Mrd. Dollar an Assets under Management bzw. Administration auf die Waage. CEO der neuen Sparte wird zum 1. Oktober Eric Adler, derzeit Präsident und CEO von PGIM Real Estate sowie Vorsitzender der Private Equity-Sparte.
Cathy Marcus und Raimondo Amabile wurden zu Co-CEOs von PGIM Real Estate ernannt. Darüber hinaus wurde Sebastiano Ferrante zum Head of Europe ernannt und erweitert damit seine bisherige Rolle als Deputy Head of Europe.